Machmal erinnern uns Ausschussitzungen an Erfahrungen, die man im Leben so sammelt. Am 13.11.2018 im Ausschuss für Verkehr und Umwelt war es mal wieder soweit:
Wenn ein Autohändler einem versichert, nur er allein hätte Ahnung und das Auto sei ganz sicher unfallfrei, er sich aber mit der Begründung weigert, dass es zu viel Aufwand mache, diese Tatsache auch in den Kaufvertrag aufzunehmen, ist allerhöchste Vorsicht angebracht.
So ähnlich erging es uns, als wir beantragten Kisdorf zu einer „Pestizidfreien Kommune“ zu machen. Wir wollten uns – wie schon über 200 Orte – der vom BUND initiierten Aktion anschließen und schriftlich fixieren, dass auf gemeindeeigenen Flächen keine Pestizide eingesetzt werden. In Zeiten eines massiven Insektensterbens und hohen Pestizidverbrauchs auch in privaten Gärten erscheint uns eine solche Vorbildfunktion der Gemeinde angebracht.
Die Reaktion der WKB:
- der Antrag ist völlig sinnlos,
- die FDP hat keine Ahnung,
- machen wir doch sowieso nicht, Ehrenwort 😉
- darf man in Kisdorf doch nicht – ist gesetzlich verboten,
- dürfen auch beauftragte Firmen nicht,
- die Gemeindearbeiter haben keinen Sachkundenachweis,
- verschwendete Zeit darüber zu sprechen,
- …
Hilfreich wäre es, wenn sich auch die WKB einfach an die Fakten halten würde:
- Nach § 17 PflSchG ist der Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel auch auf „Flächen für die Allgemeinheit“ zulässig. Dazu gehören Parks, Grünanlagen, Schul- und Kindergartengelände, Spielplätze und Friedhöfe. Das PflSchG gilt übrigens auch in Kisdorf.
- Die Liste der Pflanzenschutzmittel, die auf Flächen für die Allgemeinheit angewendet werden dürfen, umfasst derzeit 1.142 Produkt / Anwendungskombinationen (BVL, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit). Produkte mit Glyphosat sind übrigens auch auf der Liste.
- Auch beauftrage Firmen dürfen Pestizide im Rahmen der Gesetze auf Flächen der Gemeinde einsetzen.
- Auch Pächter und Nutzer dürfen Pestizide im Rahmen der Gesetze auf Flächen der Gemeinde einsetzen.
- Ohne Beschluss kann mit dem nächsten Bauhofleiter, dem nächsten eingestellten Mitarbeiter (der vielleicht einen Sachkundenachweis mitbringt), dem nächsten Auftragnehmer, dem nächsten Pächter oder dem nächsten Nutzer der Pestizideinsatz auf gemeindlichen Flächen wieder Einzug halten.
Ein Pestizideinsatz ist auf gemeindlichen Flächen also sehr wohl möglich und erlaubt.
Es existieren in der Gemeinde Kisdorf keinerlei Regelungen zum Pestizideinsatz. Weder als Dienstanweisung für den Bauhof, noch in den Verträgen mit Auftragnehmern, Pächtern und Nutzern. Es besteht also durchaus Handlungsbedarf. Wenn man denn will.
Die Gemeinde hat mit diesem Beschluss eine wunderbare Gelegenheit verpasst, sich ihrer Verantwortung tatsächlich zu stellen und ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Gekostet hat es nichts, außer 10 Minuten Diskussion im Ausschuss. Wir hätten im Sinne der Umwelt auch gerne 10 Stunden investiert.
Wer ein Auto kauft, merkt schnell, dass er nicht auf einem Ponyhof lebt. Für Naturschutz und Pestizide sieht die Realität leider nicht anders aus. In diesem Sinne: Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen, nicht nur vom Autohändler.
Ihre FDP-Kisdorf
[Anmerkung: Es gibt einen weiteren Artikel zu dem Thema]